Heute muss ich mal etwas weiter ausholen. Ich bin ja eine echte Schwäbin, in Stuttgart geboren und aufgewachsen. Meine Mutter hat jeden Tag frisch für die Familie gekocht (und tut es auch heute noch), und sie ist eine sehr gute Köchin. Ich mochte eigentlich alles, was sie gekocht hat, bis auf.... das schwäbische Nationalgericht Linsen, Spätzle und Saitenwürschtle. Leider war das eines der Lieblingsgerichte meiner Eltern und daher gab es das Gericht früher fast jeden Mittwoch. Ich habe es als Kind einmal probiert und mochte es überhaupt nicht. Das ist eigentlich noch untertrieben, ehrlich gesagt habe ich dieses Gericht gehasst. Ich fand die Linsen von der Konsistenz her zu "wollig" und mochte den sauren Geschmack und den Geruch gekochter Linsen nicht. Meine Eltern wollten aber natürlich nicht auf ihre geliebten Linsen verzichten, also gab es Mittwochmittags dann als Kompromiss für mich immer etwas anderes. So war jeder zufrieden, auch wenn ich manchmal die Luft angehalten habe, wenn ich Mittwochmittags in die Küche kam und es nach Linsen roch!
Mittlerweile wohne ich seit mehr als 10 Jahren nicht mehr zuhause, bin sogar ins "feindliche" Baden umgezogen und mag auch einige Lebensmittel, die ich früher nicht angerührt hätte.
Ziegenkäse zum Beispiel, oder Kapern. Auch an
Linsen habe ich mich langsam rangetastet, aber Linsen, Spätzle und Saitenwürschtle waren für mich immer noch für alle Zeiten als Hassgericht abgespeichert.

Sooo, und jetzt nähern wir uns langsam der Überwindung meines Saure Linsen-Kindheitstraumas. Vor zwei Wochen habe ich endlich
Stevan Pauls Buch
Schlaraffenland*
gekauft und es während einer Zugfahrt viel zu schnell ausgelesen. Viel zu schnell deshalb, weil mir das Buch so ein großes Lesevergnügen bereitet hat und ich gerne noch länger in die Welt dieser liebevoll beschriebenen und durchweg koch- und essensverrückten Charaktere, die Stevan in insgesamt 15 Kurzgeschichten auftreten lässt, eingetaucht wäre. Meine Lieblingsgeschichten waren "Mit Herrn Wilhelm durch die Nacht" und "Von der Kunst, ein Linsengericht zu kochen".
Kurz zusammengefasst handelt "Von der Kunst, ein Linsengericht zu kochen" davon, dass alle Bewerber für eine Stelle als Koch beim "Alten" erst mal "Saure Linsen" probekochen müssen - und daran meist grandios scheitern. Und in dieser Geschichte hat Stevan so anschaulich beschrieben, wie der "Alte" die Linsen zubereitet, dass mir doch tatsächlich das Wasser im Munde zusammen lief. Mir! Bei einer Geschichte, in der Linsen, Spätzle und Saitenwürstle die Hauptrolle spielen! Also habe ich beschlossen, dass ich Linsen, Spätzle und Saitenwürstle nach dem Rezept aus "Schlaraffenland" kochen werde.
Für die "
Linsen nach Art des Alten" werden
Alb Leisa verwendet, dann kommt eine Gewürzbutter dazu und am Ende werden noch gehackte Kapern und Sardellen untergerührt. Die Sardellen habe ich weggelassen, aber ansonsten habe ich mich ganz an Stevans Rezept gehalten.
Ich kann nicht genau sagen, woran es lag, ob an den kleinen grünen und äußerst schmackhaften Alb-Leisa, die überhaupt nichts mit den "wolligen" Linsen meiner Kindheit gemeinsam haben, an der Gewürzbutter, an meinem über die Jahre veränderten Geschmack... jedenfalls waren die Linsen, Spätzle und Saitenwürstle ein voller Erfolg, sowohl mein Mann als auch ich waren begeistert und haben eine große Portion verdrückt. Ich konnte es kaum fassen! Daher kommt hier das Rezept für euch, mit dem ich mein Kindheitstrauma überwunden habe.
Rezept: Linsen, Spätzle und Saitenwürstchen à la "Schlaraffenland"
(für 4 Portionen)
Zutaten:
Für die Sauren Linsen:
250g Alb Leisa (kleine grüne Alblinsen)
1 Karotte (100g)
100g Stangensellerie
1 Gemüsezwiebel (100g)
50g Butter
15g Tomatenmark
150ml trockener Rotwein
1 Bio-Zitrone
1 Knoblauchzehe
10 schwarze Pfefferkörner
5 Pimentkörner
1/2 TL getrockneter Majoran
1/4 TL getrocknetes Bohnenkraut
1/2 EL edelsüßes Paprikapulver
500ml Gemüsebrühe
1/2 Stange Lauch (75g)
Salz
1 EL Rotweinessig
5g Kapern aus der Lake
Außerdem:
300g Spätzle
4 Paar Saitenwürstchen
Zubereitung:
Die Linsen mit 750ml Wasser (ungesalzen) in einen Topf geben und bei mittlerer Hitze 25 Minuten kochen. Derweil Karotte und Zwiebel schälen und klein würfeln. Sellerie ebenfalls klein würfeln. 40g Butter in einem zweiten Topf schmelzen und Karotte, Zwiebel und Sellerie darin glasig dünsten. Braunen Zucker über das Gemüse streuen, schmelzen lassen. Das Tomatenmark unterrühren, mitdünsten. Mit dem Rotwein ablöschen. Hitze reduzieren und offen bei mittlerer Hitze 10 Minuten einkochen und reduzieren lassen.
Jetzt geht es an die Gewürzbutter. Dafür die Zitrone heiß abwaschen, trocken reiben und 1/2 EL Schale fein abreiben. Knoblauch schälen und grob würfeln.Mit der Zitronenschale, den Pfefferkörnern und den Pimentkörnern im Mörser zerdrücken. Restliche Butter zusammen mit dem Bohnenkraut, dem Majoran und dem Paprikapulver unterrühren, gut vermengen.
Linsen abgießen. Linsen mit der Gemüsebrühe zum Gemüse in den Topf geben, weitere 10 Minuten offen bei mittlerer Hitze kochen lassen.
In der Zwischenzeit den Lauch längs halbieren, unter fließendem Wasser gründlich abspülen. Lauch in feine Würfel schneiden. Unter die Linsen heben und Linsen weitere 5 Minuten köcheln lassen.
In der Zwischenzeit die Saitenwürstchen in heißem (nicht kochendem Wasser) gar ziehen lassen und das Nudelwasser für die Spätzle aufsetzen.
Jetzt die vorbereitete Gewürzbutter unter die Linsen rühren. Nochmals 10 Minuten offen kochen lassen, dann mit Salz würzen und mit dem Rotweinessig säuerlich abschmecken.
Spätzle in reichlich kochendem Salzwasser nach Packungsanweisung al dente kochen.
Kapern hacken und unter die Linsen mischen. Spätzle in ein Sieb abgießen. Sofort mit den Linsen, Saitenwürstchen und einem großen Klacks scharfem Senf servieren.
Ich kann euch das Rezept nur wärmstens empfehlen. Und das Buch natürlich auch! Wer es noch nicht zuhause hat: sofort kaufen! Zum selbst lesen und zum verschenken, zum schmökern und zum nachkochen. Ich werde dieses wundervolle Buch zu Weihnachten ebenfalls verschenken - könnt ihr euch schon denken, wer das Buch bekommt? :-))
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